30. Mai 2023

Wie Leistungserbringer im Gesundheitswesen dem Fachkräftemangel mit der Einsatzplanung entgegenwirken können.

Ein Beitrag von HR Campus.

Geht es Ihnen manchmal auch so, dass Sie das Wort "Fachkräftemangel" nicht mehr hören können? Hört man es dennoch, sagt man sich: "Das ist ja ein Dauerzustand." Man hat den Überblick verloren, wie stark der Fachkräftemangel aktuell ist und wie dieser sich entwickelt. Gefühlt herrscht seit Jahren Fachkräftemangel.

Die Studie "Fachkräftemangel-Index Schweiz 2022"  der Adecco Gruppe Schweiz und der Universität Zürich zeigt, dass der Fachkräftemangel in der Schweiz wieder voll eingeschlagen hat und im Jahr 2022 so ausgeprägt war wie noch nie. Nach einer kurzfristigen Entspannung während der Covid-Zeit suchen aufgrund des wirtschaftlichen Nachholeffekts alle Branchen wieder vermehrt Fachpersonal. Es verwundert kaum, dass die Berufsgruppe der Spezialistinnen und Spezialisten in Gesundheitsberufen am stärksten von dieser prekären Situation betroffen ist. Primär sind es die Personen mit einer Ausbildung auf Tertiärstufe – also mit HF-, FH-, Uni-/ETH-Abschluss.
Was können wir tun, wenn die Rekrutierung von Fachpersonal schier unmöglich wird? Wir müssen mit allen Mitteln versuchen, unser bestehendes Personal zu halten. Indem wir dafür sorgen, dass die Mitarbeitenden bei der Arbeit glücklich sind.

Bezieht man sich auf die Arbeiten der beiden Motivationsforscher Richard M. Ryan und Edward L. Deci, steht die intrinsische Motivation für den inneren Antrieb, etwas zu tun, an dem man Freude hat und in dem man aufgeht.  Je intrinsisch motivierter Mitarbeitende sind, desto glücklicher sind sie in ihrem Beruf. Die intrinsische Motivation kann durch die soziale Eingebundenheit, die eigene Kompetenz sowie die persönliche Autonomie positiv beeinflusst werden.  In Bezug auf die Dienstplanung zahlen die Themen Partizipation und Selbstbestimmung der Mitarbeitenden auf das Thema Autonomie ein. Hier stellt sich die Frage: Sind diesbezüglich alle Mitarbeitenden gleich? Respektive: Möchten alle Mitarbeitenden im gleichen Masse am Einsatzplanungsprozess mitwirken? Die Antwort liefert der Haufe-Quadrant  (siehe Abbildung), der die Beziehungen zwischen Mitarbeitenden und Organisationsdesign beschreibt.

Haufe-Quadrant

Betrachtet man die Y-Achse "Organisationsdesign", bewegen sich Betriebe im Gesundheitswesen meist in der gesteuerten Ebene, die ein klassisches, hierarchisches Modell beschreibt. Die X-Achse "Rolle der Mitarbeitenden" kann jedoch nicht pauschal zugeordnet werden. Es gibt Mitarbeitende, die sich in der Rolle als "Umsetzer" wohlfühlen und weniger Kreativität und Flexibilität wünschen. Andere wiederum fühlen sich als "Gestalter" wohler und wünschen genau das Gegenteil. Selbstverständlich stellt das Modell die Realität stark vereinfacht dar und es gibt in der Praxis zahlreiche Zwischenstufen. Entscheidend ist es, zu verstehen, dass die Mitarbeitenden bezüglich Partizipation verschiedene Bedürfnisse haben.

Das Geniale an partizipativen Dienstplanungsmodellen ist, dass die unterschiedlichen Bedürfnisse der Mitarbeitenden berücksichtigt werden können. Dabei betrachten wir lang-, mittel- sowie kurzfristige Planungszeiträume. Bereits heute können sich Mitarbeitende in der langfristigen Planung meist stark einbringen und beispielsweise Ferien, unbezahlten Urlaub etc. beantragen und wünschen. In der mittelfristigen Planung, also der klassischen Monats-Dienstplanung, können sie in vielen Betrieben gewisse Freitags- oder Dienstwünsche anbringen und sich somit beteiligen. Oft ist das Level der Partizipation in diesem Prozessschritt jedoch stark ausbaufähig. Und in den meisten Institutionen enden die Partizipationsformen bei diesem Prozessschritt. Um den Mitarbeitenden aber auch nach Veröffentlichung des Dienstplanes noch eine möglichst hohe Flexibilität zu ermöglichen und dadurch ebenfalls die "Gestalter" glücklich zu machen, sollten ihnen Instrumente zur Verfügung gestellt werden, um selbstständig kurzfristige Dienstplanoptimierungen vornehmen zu können. Dies könnte beispielsweise über einen Dienstmarktplatz oder einen vordefinierten Diensttauschprozess abgebildet werden. Die genauen Prozesse dahinter können individuell durch den Betrieb festgelegt werden. Die meisten Planungssoftware-Tools am Markt unterstützen solche Partizipationsmodelle.

Durch die langfristige Planungssicherheit und die optionale kurzfristige Flexibilität fühlen sich sowohl "Umsetzer" als auch "Gestalter" abgeholt. Die Partizipationsmöglichkeit wird erhöht, was zu einem höheren Autonomiegefühl führt. Dieses führt wiederum zu einer gesteigerten intrinsischen Motivation und dadurch zu glücklicheren Mitarbeitenden. Was dies für die Unternehmen bedeutet, liegt auf der Hand: mehr Effektivität und damit eine bessere wirtschaftliche Performance.

 

 

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Autor und Kontakt bei HR Campus: 

Stefan Matthys
stefan.matthys@hr-campus.ch
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Quellen:
1
Adecco Gruppe und Universität Zürich (2022). Fachkräftemangel-Index Schweiz 2022.

2 Deci, E. L., und Ryan, R. M. (1991). A motivational approach to self: Integration in personality. In R. A. Dienstbier (Ed.), Nebraska Symposium on Motivation, 1990: Perspectives on motivation (pp. 237–288). University of Nebraska Press.
3 Deci, E. L., und Ryan, R. M. (2000). Self-Determination Theory and the Facilitation of Intrinsic Motivation, Social Development, and Well-Being, American Psychologist, 55 (1), pp. 68–78.
4 Haufe (2023). DER HAUFE QUADRANT, Das Modell für die Beziehungen zwischen Mitarbeiter:innen und Organisationsdesign. Abgerufen 19. Mai 2023 von https://www.haufe.de/konzept/haufe-quadrant.

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